EMDR
(Eye Movement Decentisation and Reprocessing) ist eine strukturierte
Therapiemethode, die
urspünglich für
die Behandlung von Traumafolgenstörungen in den 80er und 90er Jahren
in den USA entwickelt wurde. Nachdem die Wirksamkeit der Methode
durch mehrere Studien bestätigt worden ist, wurde sie für die
Behandlung
vieler anderen Störungsbilder adaptiert. Im Wesentlichen ist
EMDR auf einer Technik basiert, die freie Assoziationen mit der
sogennanten bilateralen
Stimulierung
(z.B. geleitete Augenbewegungen recht-links) kombiniert.
Bei
dieserm Verfahren geht man davon aus, dass hinter
psychischen Beschwerden eine Art Trauma steckt: Nicht unbedingt ein
Ereignis von katastrophalem
Ausmaß, sondern eventuell mehrere
„kleine“ Ereignisse. Ein Erlebnis ist traumatisch, wenn
die individuelle Fähigkeit, damit klar zu kommen, überfordert wird.
Es wird zunehmend anerkannt, dass ungünstige Erfahrungen innerhalb
von Beziehungen,
besonders wenn diese chronisch sind bzw. in der frühen Kindheit
stattfinden (sogenannte
Bindungstraumata), besonders
traumatisierend sind.
Obwohl
solche Erfahrungen oft „vergessen“ werden, bleiben sie im
Nervensystem fragmentarisch gespeichert: Als isolierte
Bilder, Empfindungen
usw., die mit den überwältigenden Gefühlen verbunden sind, welche
man bei dem ursprünglichen Trauma erlebt hat. Wenn etwas passiert,
das dem traumatischen Erlebnis ähnlich ist, wird
der traumatische „Knoten“
aktiviert und dabei werden intensive
Gefühle bzw. Impulse ausgelöst, die für das Ereignis
nicht angemessen sind. Der betroffenen Person ist dabei meist nicht
bewußt, dass diese Reaktion mit einem früheren Trauma
zusammenhängt. Solche Reaktionen liegen vielen Beschwerden zugrunde,
die Menschen in die Psychotherapie bringen. Diese können
unterschiedlichste Formen annehmen, von Panikattaken, akuten Ängsten
oder Suchtimpulsen
bis zu Vermeidungstendenzen, die oft bei depressiven und
Angststörungen zentral sind.
Eine typische
EMDR-Sitzung verläuft etwa so: Zuerst wird ein
Thema für die Verarbeitung ausgesucht. Ursrpünglich wäre das eine
traumatische Erinnerung, heute können viele Aspekte belastender
Erfahrungen als Ausgangspunkte dienen, auch Träume, Phantasien
oder Körperempfindungen. Dieses Thema wird fokusiert, indem alle
dazugehörige Komponenten besprochen werden: Bilder, Gedanken,
Gefühle und Empfindungen. Anschließend lässt man das Unbewusste
arbeiten, indem man alles aufkommen lässt, was hochkommt:
Gefühle, Gedanken, Impulse, Empfindungen usw. Gleichzeitig erlebt
man eine bilaterale Stimulierung: typischerweise geleitete
Augenbewegungen, obwohl andere sensorische Reize auch zunehmend
Anwendung finden. Die Komponente der sensorischen bilateralen
Stimulierung soll zur Integrierung psychischer Inhalte beitragen, die
in verschiedenen Hirnarealen gespeichert sind. Diese Arbeit wird in
kurze Durchgänge geteilt; nach jedem Durchgang wird eine Pause
gemacht und dann kurz besprochen, was gerade innerlich passiert; das
Vorgehen wird eventuell justiert. Am Ende der Sitzung wird das
Erlebnis im Ganzen
besprochen. Insgesamt ist man bei
der EMDR-Arbeit weniger auf die Sprache angewiesen, als bei anderen
Therapieformen. Belastende Erfahrungen müssen nicht ausführlich
besprochen werden, was für viele traumatisierte Menschen
entscheidend sein kann. Die Flexibilität
des EMDR-Vorgehens lässt
sie gut in eine laufende Therapie
integrieren, je nach den individuellen Wünschen und
Bedürfnissen.
Interessantes zum
Lesen:
Reddemann,
L. Und Dehner-Rau, C. (2013) Trauma Heilen: Ein Übungsbuch für
Körper und Seele.
Shapiro,
F. (2013)
Frei
Werden von der Vergangenheit: Trauma-Selbsthilfe
nach der EMDR-Methode.
van
der Kolk, B. (2015) Verkörperter
Schrecken: Traumaspuren
in Gehirn, Geist und Körper und wie man sie heilen kann.
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